Viel erreicht – viel bleibt zu tun. Rückblick auf die Veranstaltung "Patient Pflege - Aufgaben, Probleme, Lösungen!?"

Der Pflegenotstand ist in aller Munde; „die Politik“ soll dafür Antworten finden. Bereits im Dezember 2015 hat der Sächsische Landtag auf Initiative von CDU und SPD eine Enquete-Kommission „Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen“ eingesetzt, die konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet. Um über die Aufagaben und Probleme rund um das Thema Altenpflege mit Betroffenen und Interessierten zu diskutieren, habe ich breit öffentlich eingeladen. Im AWO-Seniorenzentrum „Professor Rainer Fetscher“ in Zschachwitz durfte ich am 30. November 15 Gäste zu einer zwar kleinen, aber sehr intensiven und lösungsorientierten Runde begrüßen.

 

Patrick Schreiber, pflegepolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und Obmann in der Enquete-Kommission sowie Patrick Kaiser, Fachreferent für Altenpflege des AWO Landesverbandes Sachsen e.V., stellten einführend die Änderungen durch die drei Pflegestärkungsgesetzte und die Problemlage bei der Gewinnung von Fachkräften heraus. Fazit: Seit 2013 hat sich im Bereich Pflege so viel getan, wie seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 nicht. Und doch bleibt einiges zu tun, um die Pflege langfristig auf hohem Niveau zu sichern. Wie vielschichtig und komplex diese Aufgabe ist, verdeutlichte auch dieser Abend.


Die Teilnehmer machten auf zahlreiche Schwierigkeiten im Pflegesystem aufmerksam: Über 50 Prozent der Angestellten sind aus ganz unterschiedlichen Gründen in Teilzeit beschäftigt. Ein auskömmliches Einkommen wird dadurch erschwert. Im Vergleich zu anderen sozialen Berufen ist die Altenpflege mit geringeren Löhnen zudem weniger attraktiv. Die Kernaufgabe, um die stetig wachsende Zahl älterer Pflegebedürftiger gut zu versorgen, ist daher die Attraktivität der Altenpflegeberufe zu steigern. Eine bessere Bezahlung erfordert eine höhere Vergütung der Einzelleistungen durch die Krankenkassen. Hier bedarf es grundsätzlicher Änderungen in der Leistungsabrechnung. Denn auch die Effizienzsteigerung innerhalb der Organisation der Seniorenpflegeinrichtungen wird durch die klar abgegrenzten Aufgabenbereiche der unterschiedlichen Fachkräfte behindert. Adressat dieser und weiterer Kritikpunkte waren in erster Linie die Krankenkassen. Auch die von ihnen vorgenommene Beratung beinhalte meist allein die Bereiche ihrer Zuständigkeit. Auf wichtige Hilfestellungen, um so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu gewährleisten, werden die Pflegebedürftigen oft weder über die Hausärzte noch die Beratungsstellen der Kassen hingewiesen. Zu nennen wäre beispielsweise die staatliche Förderung zum barrierefreien Umbau der eigenen Wohnung. Ein wichtiger Punkt zum Weiterdenken ist der effizientere Einsatz der Fachkräfte. In der ambulanten Pflege verbringen sie viel zu viel wertvolle Zeit im Auto, statt bei den Hilfsbedürftigen und üben oft auch einfache Hilfstätigkeiten aus. Hier wird zu prüfen sein, wie die Pflegekoordinatoren, die wir im Sächsischen Landtag bereits initiiert haben, wirken können. Die Pflegekoordinatoren haben die Aufgabe, die vernetzte Pflegeberatung zu koordinieren und aktiv vor Ort zu gestalten. In den Pflegenetzwerken sollen die verschiedenen regionalen Pflegedienstleister und Ansprechpartner aus dem Ehrenamt einbezogen werden.

 

Im Austausch mit den Pflegefachkräften konnten wir eine Reihe wichtiger Impulse mitnehmen, die im Zuge der weiteren Expertenanhörungen und der Arbeit der Enquete-Kommission aufgegriffen werden sollen. Einig waren wir uns auch, dass wir das Thema "Pflege in die Mitte der Gesellschaft rücken müssen“, wie Patrick Schreiber trefflich formulierte. Dies ist nicht weniger bedeutend, als eine gute Kinderbetreuung und Schulbildung; gesamtgesellschaftlich ist Pflege aber leider ein Nischenthema. Wenn wir die Pflege langfristig sichern und verbessern möchten, dann müssen die Pflegekräfte besser bezahlt werden. Wir brauchen tragfähige Lösungen für eine gute Altenpflege, die für alle finanzierbar bleibt. Für mich stellt sich daher auch hier die Frage: Wird mehr Geld im System tatsächlich die beannnten Probleme lösen, oder müssen nicht eher die verkrusteten Strukturen aufgebrochen und neu und zeitgemäß gestaltet werden. Füreinander Verantwortung übernehmen, ist einer der tragenden Werte unseres Gemeinwesens. Ich sehe mich in meiner Forderung bestärkt, die Einführung einer "Allgemeinen Dienstpflicht" für Frauen und Männer weiter voranzutreiben. Sie kann auch einen Teil dazu beitragen, die sozialen Berufe zu stärken.

 

Nach meinem Perspektivwechsel in dieser Einrichtung nehme ich persönlich viel Input für dieses Zukunftsthema mit. Herzlichen Dank allen Teilnehmern für die klare Benennung der Schwierigkeiten und den konstruktiven Austausch. Ende 2018 wird der Abschlussbericht der Enquete-Kommission vorliegen, spätestens dann werden wir das Gespräch fortsetzen.