Freiheit und Verantwortung

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble zu Gast in Dresden

Volles Haus beim Bürgercafé mit Dr. Wolfgang Schäuble am 21. August in Leuben. Auf Einladung von Christian Piwarz sprach der Präsident des Deutschen Bundestages zur Frage: „Was hält uns zusammen?“ Die Antwort war überraschend einfach: Für Dr. Schäuble ist es die Freiheit. Die Deutschen hätten sich um sie verdient gemacht, zumal in den Neuen Bundesländern mit der Revolution von 1989 und in deren Folge mit der Einigung Europas. Nun käme es darauf an, die Freiheit weiter zu gestalten und zu bewahren. Dies lasse sich nur gemeinsam schaffen.

 

Derzeit stelle sich die Frage, ob die gewachsenen demokratisch-rechtstaatlichen Institutionen noch die gleiche Bindekraft entfalten könnten wie zuvor. Dr. Schäuble verwies darauf, dass Freiheit auch Zumutungscharakter habe. Denn: Die Freiheit sei immer auch die Freiheit des anderen. Deswegen sei der soziale Zusammenhalt so wichtig. Besonders als Finanzminister habe er die Erfahrung gemacht, dass Rücksichtlosigkeit die freiheitliche Ordnung nicht stabilisiere.

 

Dr. Schäuble ging auch auf den enormen Wandel im 21. Jahrhundert ein. Die Herausforderungen der Digitalisierung und Globalisierung veränderten die Gesellschaft viel mehr, als er zunächst glaubte. Man sei mehr oder minder abhängig von Entwicklungen in allen Teilen der Welt. Dies beträfe auch die Frage, wie die Menschen in Afrika lebten. Viele zöge es nach Deutschland oder Europa. Aber es stehe außer Frage, dass nicht alle zu uns kommen könnten. Deshalb müssten wir uns auch – nach unseren Möglichkeiten – um die Entwicklung in anderen Weltteilen kümmern: „Es wird keinem besonders gut gehen, wenn es den anderen nicht auch gut gehen. Das gilt nicht nur für das eigene Land. Das gilt auch für Europa und die Welt.“

 

Dabei verwies der Bundestagspräsident besonders auf die Neuen Bundesländer: Die Menschen hier hätten viel mehr grundsätzliche Veränderungen aushalten müssen, als sich in den Alten Bundesländern vorgestellt werden könne. „Bei dem jetzt anstehenden Wandel können wir daher viel von den Menschen hier lernen.“, sagte Schäuble.

 

Dr. Schäuble, dem die Anwesenden sehr ruhig und gespannt zuhörten, schloss seinen Vortrag mit dem Optimismus eines langen politischen Lebens, welches viele Wendungen erfuhr: „Es ist alles zu meistern!“ Jammerei könne er nicht leiden - sie führe zu nichts.

 

In der anschließenden Diskussion ging es den Fragenden um eine große Bandbreite an Themen: u.a. die Familienpolitik, den Bildungsföderalismus, die AfD, Hans-Georg Maaßen. Dabei war es dem Bundespräsidenten wichtig, ehrlich zu sein. Flüchtlinge wären im Sinne der Menschenwürde zu behandeln, wenn sie nach Deutschland oder Europa gekommen seien. Aber es sei kein Zukunftsmodell, im großen Stile Wanderungen zuzulassen. Zum Klimaschutz merkte er an, dass dieser ohne Kosten nicht zu machen sei. Das müsse man ehrlich diskutieren. Ebenso sei Wissenschaft und Technik notwendig, um das Problem zu lösen – nicht nur ein Wandel der individuellen Lebensstile. Auch diese Aufgaben müssen mit Maß und Verstand und mit sozialem Ausgleich angegangen werden.

 

Die Veranstaltung selbst war ein Beleg dafür, dass kritisches Nachfragen, Zuhören, Gegenrede, Abwägung und eine optimistische Grundhaltung ohne Augenwischerei möglich sind – auch in Zeiten populistischer Angstmacherei. Das zeigte auch die vorhergehende Fragerunde mit Christian Piwarz zu Landesthemen, mit der die Verspätung von Herrn Schäuble überbrückt wurde.

 

Mit Dr. Schäuble im Bürgercafé: das war gelebte Freiheit in Verantwortung. (ef)