Alternative Antriebe – Wie sieht die Mobilität von morgen aus?

Diskussionsrunde im Rahmen der "Sommergespräche" von Christian Piwarz

 

„Können die Wünsche unserer Gesellschaft nach individueller Mobilität wirtschaftlich und zugleich umweltverträglich erfüllt werden? Welche Technologie vermag diesen Wunsch zu erfüllen?“ Diese Kernfragen diskutierten Gäste und Experten beim Sommergespräch von Christian Piwarz am 14. August. Mit kleinen Impulsen führten die fachkundigen Referenten in die Frage ein:

 

  • Dr. Carsten Krebs, Leitung Unternehmenskommunikation von Volkswagen Sachsen, für die Entwicklungen der Automobilindustrie auf dem Gebiet der Elektromobilität
  • Dr. Lars Röntzsch, Abteilungsleiter Wasserstofftechnologie des Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung, der die Potenziale der Brennstoffzelle beleuchtete und
  • Gunter Thiele, Verkehrsplaner für Verkehrstelematik und Experte für Verkehrs- und Stadtplanung, der u.a. zu Fragen der Anforderungen an den Ausbau der Infrasturktur Auskunft gab.

Dr. Krebs ging aus der Sicht von Volkswagen auf einige Megatrends in der Automobilbranche ein. Ein Thema sei Konnektivität, etwa in Form der Kommunikation der Autos untereinander oder mit Ampeln. Daneben sei autonomes Fahren von Bedeutung, das besonders in der Stadt auf absehbare Zeit nicht sicher gewährleistet erscheint. Ein dritter Trend sei Shared Mobility, denn: Schon heute teilen 2,4 Millionen Deutsche ihr Auto. Und schließlich kam Dr. Krebs zu dem Thema der Elektrifizierung der automobilen Mobilität.

 

Warum setzt Volkswagen gerade auf E-Mobilität?

 

Sie sei notwendig für die CO2-Reduktion nach den deutschen gesetzlichen Vorgaben. Dr. Krebs stellte dar, dass 2030 im Flottendurchschnitt nur noch 60g CO2 pro Kilometer ausgestoßen werden dürften – das ist nach Stand der Technik kurzfristig nur durch E-Fahrzeuge zu realisieren. In anderen Staaten sei die Gesetzgebung zudem restriktiver als in Deutschland: In Norwegen dürfe bereits 2025 keine Auto mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden, in anderen europäischen Staaten ab 2030. Im Gegensatz dazu förden Südkorea und Japan die Brennstoffzelle als zukünftiges Antriebssystem. Um als global player bestehen zu können, müsse Volkswagen auf diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen reagieren und stelle Teile seiner Produktion um. Um den europäischen Vorgaben zu entsprechen, wolle Volkswagen bereits 2030 25 Prozent E-Fahrzeuge und 75 Prozent Verbrennungsmotoren herstellen, 2040 sogar CO2-neutral produzieren.

 

Sachsen wird zum Zentrum der Europäischen Elektromobilität

 

Wichtig hierfür sei der Sächsische VW-Standort Zwickau. Hier werden 1500 E-Fahrzeuge jeden Tag vom Band laufen. Aus heutiger Sicht zentrale Probleme seien laut Dr. Krebs die Preise und die Reichweite der Fahrzeuge sowie die Ladeinfrastruktur. Die ersten beiden Probleme würden sich durch die Serienproduktion, durch Forschung und Entwicklung lösen. Bei der Ladeinfrastruktur sei vor allem die Politik gefordert. Diese könne nun, da sich innerhalb der EU weitgehend auf die E-Mobilität als zentraler Zukunftsantrieb geeinigt wurde, verstärkt ausgebaut werden.

Brennstoffzeller als attraktive Alternative

 

Als nächster Referent stellte Dr. Röntzsch vom Fraunhofer Institut dem herkömmlichen Systemen die Möglichkeiten der Brennstoffzelle gegenüber. Die Energieleistungsdichte sei deutlich höher als bei Batterien. Beladezeiten von drei bis fünf Minuten reichen aus. Zudem böte die Brennstoffzelle einen Gewichtsvorteil bei einer passablen Reichweite von 500 Kilometern. Für Brennstoffzellen benötigte man zudem kaum kritische Rohstoffe. Die Kosten sinken gewaltig, so Dr. Röntzsch, je größer die Tanks wären. Zentrale Probleme wären auch beim wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen heute noch der hohe Preis aufgrund der niedrigen Stückzahlen und die Versorgungsinfrastruktur. Ein Tankstellennetz bestünde, Dresdner können am Wiener Platz den chemischen Brennstoff tanken. Perspektivisch könne Wasserstoff auch kostenneutral erzeugt werden, das sei bereits nachgewiesen, so der Wissenschaftler. 

Infrastruktur setzt Grenzen

 

Gunter Thiele verwies grundsätzlich auf die Voraussetzungen zügiger Individualmobilität. Die zentrale Herausforderung sei die Effizienz der Mobilität in der Stadt, die aus den gewachsenen Strukturen an ihre Grenzen stoße. Elektromobilität sei gar nichts Neues in unserem Stadtbild, seit über 100 Jahren seien die Straßenbahnen elektrifiziert. Immer wieder würden Neuerungen die Wege verändern, die Voraussetzungen müssten aber geschaffen werden. Es seien viele Fragen zu klären, beispielsweise: Werden zukünftig wirklich mehr Menschen auf das eigene Auto verzichten und sich Wagen teilen? Oder kommt das Wachstum bereits zum erliegen, weil die notwendige Zuverlässigkeit nicht für jeden gegeben ist? Wie können E-Fahrzeuge beispielsweise in der Neustadt geladen werden? Wer wird die Kosten für die notwendige Ladeinfrastruktur tragen?  

 

Fachkundige Diskussion über offene Fragen - kein Masterplan, aber große Chancen

 

Anschließend gab es reichlich Gelegenheit zur Diskussion. Unter anderem ging es dabei um die Ladeinfrastrukturen, die Wirkungsgrade der Antriebe und die Sicherheit. Einen Masterplan für die Zukunft der individuellen Mobilität zu erwarten, ist wohl zu viel des Guten – besonders was globale Lösungen betrifft. Deutschland wird in den nächsten dreißig Jahren auf Elektromobilität setzen. Gerade jedoch für längere Distanzen, wird es Alternativen brauchen: Hier kommt die Brennstoffzelle in Betracht, aber auch ein guter alter Bekannter: der Diesel. Er ist schließlich deutlich besser in seiner CO2-Bilanz und beim Wirkungsgrad als der Ottomotor.

 

Dr. Krebs appellierte abschließend, nicht immer nur die Risiken zu sehen, sondern vor allem auch die Chancen. Viele Probleme, die heute in der Diskussion vorherrschten, würden sich absehbar lösen lassen. Kobaltbatterien zum Beispiel würde es bald nicht mehr geben. Die Batterieentwicklung halte bereits die nächsten Innovationen bereit. Schon in fünf Jahren sieht er diese auf dem Markt.

 

Insgesamt hat der Abend gezeigt, dass die Antriebsentwicklung und die Strukturen städtischer Individualmobilität kaum einem Masterplan folgen werden. Viel muss probiert werden, populäre Einwände erscheinen bei genauerem Hinsehen weniger zwingend. Umso wichtiger ist es, die Mobilitätspolitik mit Augenmaß kleinschrittig in Richtung ökologisch-ökonomischer Aussöhnung zu entwickeln. Denn erfreulicherweise hat der Abend gezeigt: Unsere Zukunft ist offen. Wir können sie gestalten!