Neues aus dem Landtag - Juli 2012

  • Solidarität gibt es in Europa nur gegen solide Finanzen
  • Neues Rettungsdienstgesetz
  • Wahl eines Mitglieds sowie zweier stellvertretender Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen
  • Sachsen zehn Jahre nach der Flut
  • Energiepolitik mit Augenmaß

Solidarität gibt es in Europa nur gegen solide Finanzen

 

Der erste Plenartag begann mit einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zum Europäischen Fiskalpakt und zum Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Vor zwei Wochen hat der Freistaat Sachsen beiden Gesetzen im Bundesrat zugestimmt.

 

Der Ministerpräsident machte in seiner Erklärung insbesondere deutlich, dass er Fiskalpakt und ESM letztendlich deshalb zugestimmt hat, weil damit feste Sparziele und ein klarer Kurs der Haushaltskonsolidierung in ganz Europa verbunden ist. Beide Instrumente führen einerseits zu einer Härtung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und anderseits gewähren sie Rettungshilfen aus dem ESM nur gegen die Umsetzung harter Auflagen. Dabei ist der Fiskalpakt die Umsetzung der deutschen Schuldenbremse auf europäischer Ebene.

 

Mit dem Fiskalpakt hat der Bund die Länder bis 2019 von Sanktionszahlungen an Brüssel und von Konsolidierungsmaßnahmen, die über die Schuldenbremse im Grundgesetz hinausgehen, freigestellt. Die Haushaltsautonomie des Sächsischen Landtags bleibt gewahrt. Gleichzeitig übernimmt der Freistaat Sachsen die Verantwortung für die Kommunen und achtet darauf, dass ihre Defizite und Schulden die Ziele des Fiskalpaktes nicht gefährden.

 

Weiterhin werden seitens des Bundes die Kommunen bei den Kosten für Kindertagesstätten und bei den Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen entlastet. Ab 2013 sollen die Kommunen ihre Ausgaben vom Bund auf Basis der laufenden Ausgaben erstattet bekommen. Dadurch könnten die Kommunen bundesweit um 500 Millionen Euro, in Sachsen ca. 8 Millionen Euro, entlastet werden.

 

Problematisch erscheint die Verständigung von Bund und Ländern auf ein „intelligentes Schuldenmanagement“. Konkrete Vorschläge zur Umsetzung dessen gibt es noch nicht. Sachsen schließt jedoch eine gemeinsame Haftung für aufgenommene Schulden sowie eine Vergemeinschaftung von Altschulden aus und erteilt damit sog. Deutschland-Bonds eine klare Absage. Jedes Bundesland muss allein für sich und seine Schulden haften. Während andere Länder politische Versprechen mit Schulden finanzieren, hat Sachsen immer nur so viel ausgegeben, wie es tatsächlich eingenommen hat.

 

Der Ministerpräsident machte ebenso deutlich, dass mögliche Kapitalnachschüsse aus dem Bundeshalt in den ESM nicht dazu führen können, dass es Einschnitte bei den gesetzlich garantierten Solidarpaktmitteln bis 2019 gibt.

 

Neues Rettungsdienstgesetz

 

Der Sächsische Landtag hat das von den Koalitionsfraktionen eingebrachte „Gesetz zur Änderung des Sächsischen Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetzes (SächsBRKG)“ verabschiedet. Das neue „Blaulichtgesetz“ schafft ein rechtssicheres Vergabeverfahren für den Rettungsdienst in Sachsen. Die Europäische Union hatte Sachsen verpflichtet, das Vergabeverfahren für den Rettungsdienst neu zu regeln. Die wesentlichen Neuerungen der Gesetzesnovelle sind:

 

  1. Die Krankenkassen sollen künftig bei der Rettungsdienstplanung mit eingebunden werden.
  2. Die Fahrzeuge und die Ausstattung sollen durch die Leistungserbringer und Träger (Landkreise, Kreisfreie Städte oder Rettungsdienstzweckverbände) beschafft werden. Über die Beschaffung entscheidet der Träger nach Bedarf und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
  3. Alle Leistungserbringer müssen in der Lage sein, Großschadenslagen zu realisieren.
  4. Über den Zuschlag entscheiden künftig neben dem Angebotspreis auch das Umsetzungskonzept und die Mitwirkung beim Katastrophenschutz, und zwar bis zu 50%
  5. Der Rettungsdienst ist im Insolvenzfall eines Leistungsträgers abgesichert.
  6. Die Entscheidung über die Vergabe wird bereits ein Jahr vor Vertragsablauf getroffen.

 

Künftig können die Träger bei der Vergabe des Rettungsdienstes auch auf die Qualifikation, die Aus- und Weiterbildung sowie auf eine Angemessene Bezahlung der Rettungskräfte Einfluss nehmen. Damit wird deutlich, dass das Gesetz gerade nicht dem preisgünstigsten Anbieter die besten Chancen einräumt. Im Gegenteil, ein reines Unterbieten auf Grundlage des Preises und damit zulasten der Löhne der Mitarbeiter, wird es mit dem neuen Gesetz nicht geben.

 

Wahl eines Mitglieds sowie zweier stellvertretender Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen

 

In der 59. Sitzung des Sächsischen Landtags wurden ein Mitglied sowie zwei stellvertretende Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen gewählt. Als Mitglied wurde Prof. Dr. Uwe Berlit, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht, gewählt. Die beiden stellvertretenden Mitglieder sind Frau Dr. Bettina Dick, Präsidentin des Verwaltungsgerichts Leipzig, und Herr Dr. Michael Gockel, Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts.

 

Information:

Dem Verfassungsgerichtshof gehören neun Richter und die gleiche Anzahl Stellvertreter an. Fünf der Verfassungsrichter, darunter der Präsident und der Vizepräsident, müssen Berufsrichter sein. Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshofes werden die Richter vom Landtag auf Vorschlag der Staatsregierung bzw. des Landtagspräsidiums mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder auf die Dauer von neun Jahren gewählt und können nur nach den für Richter im Landesdienst geltenden Vorschriften ihres Amtes enthoben werden. Unvereinbar ist das Amt des Verfassungsrichters mit der Zugehörigkeit zu einer gesetzgebenden Körperschaft oder Regierung des Bundes, eines Landes oder der Europäischen Gemeinschaft, dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof.

 

Link: http://www.verfassungsgerichtshof.sachsen.de/

 

Sachsen zehn Jahre nach der Flut

 

Der zweite Plenartag begann mit einer Fachregierungserklärung des Umweltministers Frank Kupfer zum Thema „Hochwasservorsorge und naturverträglicher Ausbau – Sachsen zehn Jahre nach der Flut“. Die Hochwasserkatastrophe vom August 2002 gehört zu jenen Ereignissen, die sich in das Gedächtnis der Nation eingebrannt haben. Mit der Erinnerung an dieses historische Ereignis wird auch die enorme Solidarität und Hilfe, die die Betroffenen aus ganz Deutschland erfahren durften, die Aufbauleistungen und Millioneninvestitionen gewürdigt.

 

Seit dem Augusthochwasser 2002 hat sich Vieles in Sachsen getan: der Landestalsperrenverwaltung ist es gelungen, die Beseitigung von 18.000 Hochwasserschäden von 2002 an den Gewässern erster und zweiter Ordnung im Wesentlichen abzuschließen. Dafür wurden bislang 900 Millionen Euro aus dem Aufbauhilfefonds des Bundes und der Länder investiert. Viele der bereits umgesetzten Maßnahmen zur Schadensbeseitigung und zum Hochwasserschutz haben sich bewährt. Beispielsweise wurden beim Hochwasser 2010 in Chemnitz oder an der Talsperre Bautzen die ausgebauten Rückhaltemöglichkeiten benötigt und ausgeschöpft.

 

Seit dem Augusthochwasser 2002 ist der Hochwasserschutz ein Schwerpunkt der sächsischen Umweltpolitik geworden. In Sachsen werden jährlich über 100 Millionen Euro in Hochwasserbeseitigung und –prävention investiert. Dabei bilden seit 2002 die planerische Vorsorge in der Fläche, der Rückhalt des Wasserabflusses in der Fläche sowie der technische Hochwasserschutz die Säulen der sächsischen Hochwasserstrategie.

 

In den nächsten Jahren muss in Sachsen vor allem die Hochwasservorsorge in der Fläche weiter ausgebaut werden, um den Wasserrückhalt zu erhöhen. Neben dem konsequenten Freihalten von Überschwemmungsgebieten von neuem Schadenspotential gehören die Renaturierung von weiteren Gewässerabschnitten und Auen, das Ersetzen von Ufermauern und Böschungen und das ordnungsgemäße Freihalten der Gewässerrandstreifen dazu.

 

Energiepolitik mit Augenmaß

 

In der aktuellen Debatte „Energiepolitik mit Augenmaß – Stromrechnungen für Bürger und Unternehmen bezahlbar halten“ haben sich die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP für den Erhalt der Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit von Strom während der Energiewende ausgesprochen. Die Grundlast des sächsischen Energiebedarfs ist bis nach 2040 durch die heimische Braunkohle gedeckt. Dadurch bleibt die Stromversorgung sicher und für die in Sachsen lebenden Menschen noch bezahlbar. Dennoch erhöht der massive Zubau Erneuerbarer Energien die Netzentgelte und –kosten, die von den sächsischen Haushalten und Unternehmen getragen werden müssen. Insbesondere die Steigerung der EEG-Umlage wird zu Kostensteigerungen auf der Stromrechnung führen – bei privaten Haushalten ebenso wie bei Unternehmen. Um dieser Kostenentwicklung entgegen zu wirken, müssen die Energiestrategien der Bundesländer deutschland- und europaweit eingebunden werden. Zusätzlich muss die Energieeffizienz mit Vernunft betrieben und der Zubau von Erneuerbaren Energien mit Augenmaß erfolgen.

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